Mittels Preisdifferenzierung versuchen viele Unternehmen höhere Zahlungsbereitschaften bei ihren Kunden abzuschöpfen. Die Bahn zu nutzen kostet während der Stoßzeiten mehr (zeitliche Differenzierung), Studenten und Rentner freuen sich bei zahlreichen Unternehmen über günstigere Preise (zielgruppenbezogene Differenzierung) und der Sprit ist in Wilhelmshaven deutlich teurer als in den meisten Städten des Ruhrgebiets (räumliche Differenzierung). Auch schaffen viele Unternehmen für Neukunden gesonderte (Lock-) Angebote. So kostet Sky in den ersten 12 Monaten oft unter 30 Euro, danach aber deutlich mehr. Auch Provider nutzen dieses Prinzip gerne. Die Konsequenz solcher Preissysteme: sie sind komplex, oft reichen ein Bachelorstudium oder eine Habilitation nicht mehr aus, den eigenen, günstigsten Preis zu finden bzw. zu verstehen.
An der Ludwig-Maximilians-Universität in München wurde untersucht, welchen Einfluss die subjektiv wahrgenommene Preiskomplexität auf die Preisfairness und damit auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung hat. Die subjektive Preiskomplexität ist die individuell empfundene Schwierigkeit, die Vorteilhaftigkeit eines Angebotes zu bestimmen. Die Preiskomplexität entsteht wiederum aus der kognitiven Informationsüberlastung des Kunden. Das Preissystem wird nicht vollständig erfasst und verstanden. Dies führt zu Frustrationen und damit zu einem Eindruck der Preisunfairness des Unternehmens. Es kann aber auch sein, dass der Kunde mit einer Vielzahl von Preisen und Tarifen für ansonsten austauschbare Leistungen konfrontiert wird. Oder der Kunde stellt fest, dass andere Kunden besser gestellt werden.
Die Münchener Kollegen haben nun tatsächlich erforschen können, dass ein signifikant negativer Einfluss der wahrgenommenen Preiskomplexität auf die Preisfairness besteht. Allerdings wurde auch festgestellt, dass die Kommunikation des Preissystems der entscheidende Treiber der Preiskomplexität ist: Eine Senkung der wahrgenommenen Preiskomplexität wirkt positiv auf die Zielgrößen der Kundenorientierung, insbesondere auf die Preisfairness und die Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung.
Um die subjektive Preiskomplexität zu reduzieren, gleichzeitig aber die höheren Zahlungsbereitschaften abgreifen zu können, empfiehlt sich bei Preisdifferenzierungen deshalb ein ganzes Paket von Kommunikationsmaßnahmen: Durch zielgruppengerechte Kommunikation können irrelevante Preisinformationen vermieden werden. Social Media bietet zahlreiche Möglichkeiten dazu. Studententarife können wiederum zum Beispiel ausschließlich im universitären Umfeld kommuniziert werden. Tarifrechner und Konfiguratoren ermöglichen eine Vorabselektion von Preisinformationen. Auch Preisgarantien sind geeignete Maßnahmen zur Schaffung von Preisvertrauen.