Gemeinhin gilt unser Gehirn als der größte Computer der Welt. Selbst Roboter mit 3-D-Datenerfassung, die es dem Wunderwerk der Technik erlauben, menschliche Gesten zu erkennen, oder Lautsprecher mit denen zirka 95 % der natürlichen Sprache erkannt werden können nur einen Bruchteil der Umgebung wahrnehmen, die jede Sekunde vom Menschen wahrgenommen und verarbeitet wird. Dieser Computer „Gehirn“ hat auch eine phantastische Datenbank: etwa fünf bis 20 Petabytes Daten, was mit der Größe des gesamten Internets vergleichbar ist, finden darin Platz.
Innerhalb von einer Sekunde werden elf Millionen Sinneseindrücke aufgenommen. Jeder Ruf eines Kindes, jede Mücke, die sich auf unsere Schulter setzt, jeder Reiz, egal ob visuell oder auditiv löst mehrere Tausend Impulse und Highspeedverbindungen der Synapsen aus. Die Hand, die zum Bierglas greift, die Augen, die dies registrieren, die Vorfreude auf das Spüren des kühlen Hellen im Gaumen sind ebenfalls mehrere Tausend Impulse im neuronalen System.
Von den elf Millionen Sinneseindrücken werden 0,0003 % aktiv im Arbeitsspeicher des Gedächtnisses wahrgenommen. Das sind zirka 40 pro Sekunden. Nur über diese 40 wissen wir bescheid. Nur über die können wir Auskunft geben. Wenn der Becks-Bier-Liebhaber gefragt wird, warum er Becks so gerne trinke, wird seine Antwort sein: „Weil es mir am besten schmeckt.“ Das ist die Auskunft der 40 Bits. Stimmt das überhaupt?
Was passiert mit dem Rest? Was passiert mit den restlichen 10.999.960 Tausend Bits pro Sekunde, die wir unbewusst aufnehmen? Diese weit aus größere Menge an Informationen geht in unser Unbewusstes. Dort wird es zwischengelagert. In Träumen kann es wieder nach oben kommen oder wenn wir etwas kaufen, etwas tun. Dann merken wir es aber nicht. Es geschieht ja unbewusst. Manchmal kommt es auch zu Vulkan-artigen Ausbrüchen emotionaler Art. Auch das kennen wir alle. Oft genug wundern wir uns auch über diese unkontrollierbaren Ausbrüche. Können Sie sich noch an Ihr Verhalten erinnern, als in Brasilien Deutschland 7:1 gewonnen hat. Was ist mit Ihnen bei den sieben Toren passiert? Insgesamt werden also 10.999.960 Sinneseindrücke unbewusst verarbeitet. Alle nonverbalen Impulse, z. B. Wärme auf der Haut, gelangen unbewusst, also implizit, in das Gehirn.
Das Gehirn nimmt Informationen über zwei Systeme auf, das implizite System, den Autopiloten und das explizite System, den Piloten. Das Becks Bier schmeckt nach Freiheit und Abenteuer, nach Neuem und Spaß. Doch das kann der Becksliebhaber nicht explizit erklären, wenn er danach gefragt wird, „warum er Becks trinkt“. Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Student die Ente von Citroen und den Renault R4 ungemein mochte. Den Käfer hingegen nicht. Heute ahne ich warum. Die Ente und der R4 standen für Freiheit und Abenteuer, Paris und Crazy Horse, Babette und den Film La Boum, die Fete … das reichte bis zu Rick’s Cafe in Casablanca. Automarken als Freiheitsversprechen, die das Leben lebenswerter, genussvoller machen. Autos können aber auch von A nach B transportieren.
Wir Menschen sind Schwindler. Kunden sind Schwindler. Das Bewusstsein des Kunden erfindet nachträglich eine Geschichte, die sein unbewusstes Verhalten erklärt. Weil unser Bewusstsein nach dem Sinn für einen Kauf sucht, erfindet es eine Begründung, die nichts mit dem zu tun hat, was im Gehirn und Unbewussten tatsächlich abgelaufen ist. Mit unseren Formulierungen „Weil es schmeckt“ geben wir mit unserem Bewusstsein der Aktion und Handlung nachträglich einen Sinn, obwohl es selbst an der Handlung nicht beteiligt war. Wenn Sie Ihren Kunden fragen warum er ein bestimmtes Produkt gekauft oder der Wettbewerber den Zuschlag erhalten hat, erzählt er im Brustton der Überzeugung bewusster Gehirnbenutzer zu sein, wie überlegt, rational abwägend er entschieden habe. Er schwindelt, denn er weiß ja nicht, dass sein Bewusstsein im Nachhinein diese Geschichte erfunden hat. Er weiß auch nicht, dass das Verhalten einem völlig anderen, unbewussten Programm folgte. Eine Logik, die gerade überzeugte Kopfmenschen schwerlich verstehen wollen. 😉