Kunden besuchen Unternehmen, kommunizieren mit Unternehmen, weil Sie etwas kaufen wollen oder gekauft haben. Kunden kaufen wiederum, um Ziele zu verfolgen. In der Regel gibt es ein Basisziel. Das Auto soll von A nach B transportieren, das Mineralwasser den Durst löschen oder den Salzgehalt im Blut regulieren. Maschinen sollen die Herstellung bestimmter Produkte, ein Server den Austausch von und die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten ermöglichen.

Damit wir immer schnell erkennen können, ob Produkte geeignet sind, unsere Basisziele zu erfüllen, bildet unser Autopilot, das Unterbewusstsein, für uns Kategorien. „Weizen-Bier“, „Light-Bier“ sind solche Kategorien. Die Industrie, der Handel kategorisiert nach Produkten oder bestenfalls nach Anwendungen und damit oft am Kunden und dem eigenen Erfolg vorbei. Das liegt daran, dass wir Menschen die Kategorien situationsabhängig bilden. Dies kann am Beispiel eines Apfels, einer Orange und eines Donuts illustriert werden.[1] Zunächst einmal bedienen alle drei Produkte die Kategorie „Hunger stillen“ oder einfach „essen“. Der Apfel und die Orange würden auch eine Kategorie „gesund essen“ adressieren, während der Apfel und der Donut die Kategorie „schnell oder einfach essen“ für sich in Anspruch nehmen könnten. Das bedeutet in Abhängigkeit von der Situation, in der wir zum Beispiel Hunger verspüren, kategorisiert unser Autopilot die Produkte unterschiedlich. Wir Menschen kategorisieren also nach Zielen, nicht nach Produkten.

Bei der Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen oder kundenorientierten Prozessen ist dies deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Zielkategorie aus Kundensicht betrachtet ganz neue Lösungen oder Einsatzmöglichkeiten aufzeigt. Das Weißbier Erdinger alkoholfrei ist ein „isotonischer Durstlöscher“, welches von vielen Kunden in die Kategorie „gesund, beim und nach dem Sport genießen“ eingeordnet wird. Natürlich ist Erdinger auch in der Kategorie „Alkoholfreies Bier“ zu finden. Aber erst durch die Positionierung als „isotonischer Durstlöscher“ konnte Erdinger Marktführer im Untersegment alkoholfreies Weißbier, sondern gleich auch im Gesamtmarkt werden. Zumindest bei der Betrachtung von Einzelmarken.[2]

Früher war alkoholfreies Bier nur eine Notlösung für Autofahrer. Was haben wir uns als Studierende geschüttelt, wenn es uns traf und wir gezwungen waren ein alkoholfreies Bier zu trinken. Durch eine andere Positionierung, die eine andere Kategorisierung bei dem Kunden erlaubt, können hingegen Weltmarktführer entstehen. Das Ergebnis: Kundenbegeisterung und wirtschaftlicher Erfolg.


[1] Christian Scheier, Dirk Held, Dirk Bayas-Linke, Johannes Schneider: Codes: Die geheime Sprache der Produkte, Haufe-Lexware, 2013, S. 210
[2] https://www.welt.de/wirtschaft/article143509847/Warum-alkoholfreies-Bier-unsere-neue-Limonade-ist.html