Verhaltensökonomie

Was treibt uns letztendlich voran?
Die Vorstellung über das Streben nach Lustzuständen und nach Unlustvermeidung motiviert Menschen etwas bestimmtes zu tun. Es ist nicht das konkrete Erleben der Lustempfindung bzw. Unlustvermeidung. Eine positive Erfahrung muss nicht automatisch bedeuten, dass man nach einer Wiederholung dieser Erfahrung strebt. (s.u.a. Roth, Gerhard, Ryba Alica. 2016. Coaching, Beratung und Gehirn. Klett-Cotta. S. 211)
Welche Motive gibt es?
Nach dem „Zürcher Modell der Sozialen Motivation“ des renommierten Psychologen Norbert Bischof gibt es die Kernmotive Sicherheit, Erregung und Autonomie. Diese drei Kernmotive bilden die Grundlage für die Erklärung menschlichen Verhalten.

Um die Motive besser zu verstehen, kann es sinnvoll sein Stellvertreter in Form von Personas zu entwickeln.

Geschlossene Systeme wie IOS (Apple) passen eher zum Sicherheitsmotiv. Durch die regelmäßigen Neuerungen wird teilweise auch das Erregungsmotiv bedient. Android, als offenes System, befördert die Autonomie des Kunden. Die Sicherheitssysteme dominieren, wenn Menschen ihren Urlaub regelmäßig im gleichen Ort, im gleichen Hotel verbringen; mit der AIDA immer wieder fremde Länder besuchen, um in Gruppen in die Hafenstädte einzufallen, ist eher für das Autonomiesystem typisch; in ein fremdes Land zu fliegen und Land und Leute dann auf eigene Faust zu erkunden, sorgt für Prickeln und allerlei ungeplante Erlebnisse und bedient daher eher die Erregungsmotive.

Motivsysteme sind entscheidend dafür, welche Produkte, Marken für uns eine Belohnung darstellen bzw. welche einen Kaufwunsch in uns auslösen (= Aktivierung des Habenwollens). Die Motive sind aber auch bestimmende Faktoren der Wahrnehmung und Beurteilung von Kundenerfahrungen.

 

Was versteht man unter dem Sicherheitsmotiv?
Das Sicherheitsmotiv ist nahezu selbsterklärend. Paulaner mit dem Paulaner-Brunnen im rustikalen Biergarten bedient mit Harmonie, Tradition und Gemütlichkeit das Sicherheitsmotiv. Jever - "Hier bin ich Zuhause" - ebenfalls. Auszeichnungen, Garantien und Siegel wirken auf Menschen bei denen das Sicherheitsmotiv dominierend ist geradezu magnetisch. Es ist auch zu vermuten, dass bei vielen Volvo-Fahrern "Sicherheit aus Schwedenstahl" eine Erklärung für das gekaufte Auto geben kann. Im Kontext der Kundenorientierung von besonderer Bedeutung sind an dieser Stelle das Streben nach Stabilität, Ruhe, Ordnung und Berechenbarkeit zu nennen. Releasewechsel in größeren Abständen, regelmäßige Wartungen, ein Ansprechpartner, regelmäßige Statusberichte, Spenden oder Aktivitäten, an denen Dritte, die eher benachteiligt sind, partizipieren können, sind Beispiele für Services und Angebote, die die Sicherheitsmotive befriedigen können.

 

Woran erkennt man das Autonomiemotiv?
Das Streben nach Macht (Beherrschung von anderen), Leistung (sich selbst „beherrschen“), Geltung und Selbstwert, Unabhängigkeit und nach Durchsetzung gegenüber anderen sind die wesentlichen Einzelmotive, die im Autonomiesystem gebündelt werden. Diese Kunden wollen siegen. Emotionen wie Ärger, Wut werden gezeigt, wenn die Autonomiemotive nicht befriedigt werden. Lange Wartezeiten sind eine wunderbare Möglichkeit, um diese Kunden zum Mitbewerber zu treiben. Hingegen erfahren die Autonomiemotive eine große Befriedigung, wenn der Kunde einen VIP-Status erfährt und er Dritten gegenüber seine Besonderheit und Einmaligkeit dokumentieren kann.

 

Wie zeigt sich das Erregungsmotiv?
Wenn das Streben nach Abwechslung und Neuem oder der Spieltrieb dominieren, ist das Erregungssystem aktiv. Das zeigt sich auch dann, wenn fremde Menschen attraktiv sind und sich der Mensch von der Familie abnabelt. Wenn den Kunden, bei denen das Erregungssystem von besonderer Bedeutung ist, regelmäßig die gleichen Angebote geschickt werden, im Newsletter immer wieder die eigene Kompetenz unterstrichen und wiederholt wird, kann der Absender sicher sein, dass dies zu Reaktanz bei den Kunden führen wird. Für diese Kunden ist nämlich nichts schlimmer als Langeweile und (enervierende) Wiederholung. Präsentationen des neuen Modells außerhalb der klassischen Verkaufsräume, neue, zusätzliche Funktionen durch Updates, unregelmäßiges, aber immer abwechslungsreiches Nudging, in Restaurants abwechslungsreiche Speisekarten bedienen die Motive des Erregungstypen. Menschen bei denen das Erregungsmotiv ausgeprägt ist, wollen etwas entdecken, sind auf der Suche, können sich abnabeln. "Sail away" mit Becks oder sie haben "Freude am Fahren" mit BMW. Die Nutzungsfreude, egal ob es sich um ein Produkt, eine Website oder eine app handelt, steht hier im Vordergrund.

 

Kundenkontakt/Verkauf

Was ist kundenorientierter Verkauf?
Verkaufen hat bei vielen Menschen einen negativen Beigeschmack. Dabei ist Verkauf eine echte Königsdisziplin. Die große Herausforderung im Verkauf ist es, möglichst viel (was das auch immer sei) für den Käufer und für sich selbst, den Verkäufer herauszuholen. Effizienter Verkauf erfordert deshalb auch eine umfassende Informationssammlung der Interessen, Motive und Rahmenbedingungen des potentiellen Käufers. Nur wenn es gelingt den anderen zu verstehen, ist ein kundenorientierter Verkauf möglich. Verkauf verliert dann seinen negativen Beigeschmack und ermöglicht es, dass sich alle Mitarbeiter eines Unternehmens damit identifizieren.
Was lösen Kundenkontakte aus?

Wahrnehmung und Verhaltensweisen der Kunden werden von bewussten und unbewussten Motiven beeinflusst. Genauer gesagt lösen implizite Codes (vereinfacht ausgedrückt Reize) die Wahrnehmungs- und Verhaltensprogramme aus. In 90 % der Fälle sind hieran unbewusste Vorgänge beteiligt. Die Konsequenz: der Kunde kann darüber keine Auskunft geben. Dies ist in der Kundenbeziehung deshalb von Bedeutung, weil jeder Kundenkontakt ein solcher Reiz sein kann, der eben bestimmte Wahrnehmungs- und Verhaltensprogramme auslöst.

Strategie und Kultur

Was bedeutet Agilität?

Agilität beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, sich an eine komplexe, dynamische, besser turbulente Umwelt anzupassen. Nicht reaktiv, aufgrund der Veränderungen im Wettbewerb, sondern eher aktiv. Flexibel, schnell, unorthodox, frei von Fesseln und imaginären Marktgesetzen auf sich verändernde Kundenwünsche reagieren zu können. Der einzelne Mitarbeiter erhält dazu mehr Verantwortung und kann nachhaltig selbst gestalten. Agile Unternehmen sind Gestalter der Veränderungen, arbeiten im Namen des und für den Kunden.