Das Leben schreibt die Geschichten, die geeignet sind, die hochaktuellen Erkenntnisse der Verhaltensökonomie im Kontext der Kundenorientierung zu erläutern. Demzufolge werden Wahrnehmung und Verhaltensweisen der Kundenvon bewussten und unbewussten Motiven beeinflusst. Genauer gesagt lösen implizite Codes (vereinfacht ausgedrückt Reize) die Wahrnehmungs- und Verhaltensprogramme aus. In 90 % der Fälle sind hieran unbewusste Vorgänge beteiligt.
Diese Geschichte hat sich an einem lauen Frühlingstag auf dem Weg zur Hochschule ereignet. Es geht um eine Kundenerfahrung des Kundenservice bei Porsche. Doch lassen Sie mich zunächst den Kontext der Geschichte darstellen.
Der Mann zählt bekanntlich zu den hochsensiblen Spezies. Ein Zucken und Kneifen in der Bauchgegend versetzt ihn in Panik und lässt den Ruf nach der Wärmflasche und besonders intensiver Pflege laut werden. Männlichen Porschefahrer wird zudem nachgesagt, dass eine unerwartete Meldung im Display ihres Porsches eine geradezu hyperpanische Reaktion zur Folge haben kann. Eine solche Meldung hatte ich jüngst: „Motordiagnose Werkstatt“ hieß es da geschrieben. Eingerahmt wurde diese Meldung von einem gelben Motorensymbol und einem deutlich roten Ausrufezeichen. Die Panik veranlasste mich, meine Terminplanung zu ändern und direkt ins nächste Porsche-Zentrum zu fahren. Es war 14:00 Uhr an einem Wochentag. Der Servicetechniker teilte mir mit: „Wir müssen den Fehler auslesen. Aber derzeit sind alle Jungs in der Mittagspause. Die kommen zirka in 20 Minuten wieder zurück.“ Das war alles. Dafür aber im Wortlaut. So stand ich da wie ein begossener Pudel, nicht ernst genommen, mit meinem Problem eher missachtet, in Angst um mein schönes Spielzeug versetzt.
Da jeder Kundenkontakt ein Reiz sein kann, der bestimmte Wahrnehmungs- und Verhaltensprogramme beim Kunden aufgrund seiner Motive auslösen kann, lohnt es sich einmal genauer zu betrachten, wie die Motive hier angesprochen werden könnten:
• Das Autonomiemotiv würde direkt erkennen >Ich bin nicht wichtig<.
• Die immer gleiche - an Prozessen orientierte - Behandlung des Kunden, führt zu einem Wutausbruch des Erregungsmotivs.
• Wegen der nicht genommenen Furcht, würde das Sicherheitsmotiv weiter in Panik geraten.
Tatsächlich ist dies Alles aus der Sicht des Servicetechnikers nicht ganz so schlimm. In der Regel führt eine einmalige, negative Aktivierung der Motive, nicht zu einer Verhaltensänderung des Kunden. Die Gefahr für die Porsche-Vertrags-Werkstatt besteht vielmehr darin, dass mehrere (!) solcher Signale den Kunden motivieren können, in Zukunft eine andere Porsche-Werkstatt oder gar eine freie Werkstatt zu besuchen. Wenn dieser wechselnde Kunde dann gefragt wird, warum er dies getan hat, kann er in der Regel nur explizit antworten: die bisherige Porsche-Vertrags-Werkstatt war zu teuer oder hatte keine freien Termine. Dass tatsächlich die impliziten Codes unser Verhalten steuern und Verhaltensprogramme auslösen, darüber ist sich der Kunde nicht bewusst. Der Servicetechniker von Porsche wohl auch nicht. Dann kann übrigens auch ein so ein Musterbeispiel an kundenorientiertem Verkäufer wie Herr Schwartz, der mich (wieder) als einziger in dem Zentrum begrüßte, die Situation kaum noch retten.