Selbst der Spiegel[1] hat schon über sie berichtet: die Hamburger Kult-Kassiererin Dagmar "Daggi" Prüter. Sie ist fast 80 und arbeitet seit fast zwei Jahrzehnten in einem klassischen Supermarkt an der Kasse. Bei ihr bilden sich die längsten Schlangen. Nicht weil sie so langsam wäre, sondern weil die Kunden zu ihr wollen, nur zu ihr.
Was macht diese Frau so attraktiv, so anders als tausende, jüngere KollegInnen im Handel? <"Wenn Sie die Kunden anstrahlen, dann kann keiner an Ihnen vorbeigehen", erklärte Daggi einmal einer Gruppe Auszubildender. Im Teamraum hatte Daggi sich die Leute angesehen. Einige schauten grimmig. "Gucken Sie sich mal selbst an", sagte Daggi zu ihnen. "Freundlich gucken, dann klappt alles.">[2]
Natürlich kennt Daggi ihre Kunden in Eimsbüttel. Sie weiß was sie essen, trinken und mögen. ITler (und nicht nur die) würden wahrscheinlich sagen Daggi ist ein CRM. Zu Hochzeiten und Taufen wird sie ebenfalls eingeladen.
Für die Kunden ist einkaufen ohne Daggi möglich - die biogenen Motive werden befriedigt. Also Lebensmittel werden eingekauft. Das ginge auch bei Aldi, Lidl, Combi und allen anderen Supermärkten und Discountern. Ohne Daggi ist es für ihre Kunden aber sinnlos. Die Erklärung: die anderen können eben nur die biogenen Motive befriedigen, Daggi bedient auch die soziogen Motive. “Was ich mache, kann ja jeder machen: Fröhlich sein und Fragen stellen ist nicht schwer." Das ist ihre Devise.
Nike Kaurenz, die Autorin des Spiegel-Artikels wundert sich, dass es oft so Klinge, als würde ein privater Ort an der Kasse entstehen. "Na du, wie fühlst du dich heute?" So kommt Daggi mit ihren Kunden ins Gespräch. Sie bedient insbesondere das Sicherheitsmotiv, indem sie ihren Kunden vermittelt aufgehoben zu sein, mit ihnen über die aktuellen HSV-Ergebnisse plaudert oder ihnen ihre Prüfungsängste nimmt. Anderen gibt sie ihre Autonomie über sich selbst zurück, wenn sie dem Kunden mit der Flasche Schnaps, dem eingerissenen Trainingsanzug und der Fahne (diesmal nicht vom HSV) die gleiche Aufmerksamkeit und das gleiche herzliche Lachen schenkt, wie allen anderen Kunden.
"Es ist herrlich mit meinen Kunden", sagt Daggi. Besser kann die Leidenschaft für Kundenorientierung nicht auf den Punkt gebracht werden.

[1] https://www.spiegel.de/karriere/edeka-supermarkt-in-hamburg-dagmar-prueter-ist-eine-beruehmte-kassiererin-a-1259850-druck.html
[2] Ebenda
Großartig! Genauso funktioniert Kundenorientierung, durch authentische Persönlichkeiten, die ein echtes Interesse am Kunden resp. Menschen haben, ohne Strategie!
Schöner Blockbeitrag, aber das ausgewählte Foto dazu ist meiner Ansicht nach nicht passend?