Jetzt hat auch die regionale Tageszeitung aus Oldenburg, die NWZ, das Thema Beratungsklau zur Titelgeschichte eine ihrer Ausgaben erkoren. Aufhänger ist die Aktion eines Braunschweiger Händlers, der in seinem Fachgeschäft für Maschinen, Werkzeuge und Elektrogeräte eine Gebühr von 10 € gegen „Beratungsdiebstahl“ erhebt. Eine Google-Suche zeigt, dass andere Händler nicht so zimperlich sind und 25 € verlangen. Die meisten machen dies eher symbolisch. Sie wollen provozieren, sie sind wahrscheinlich enttäuscht, vielleicht verzweifelt. Dabei ist die Lösung so einfach.
Kompetente Beratung im Verkaufsgespräch folgt einer relativ einfachen Struktur: Begrüßung des Kunden, Vertrauen aufbauen, indem mit dem Kunden über seine Erwartungen, Bedürfnisse gesprochen wird, Präsentation einer Auswahl von höchstens drei Alternativen, die dem Kunden helfen sein Problem zu lösen. Wenn diese Alternativen sich nicht nur marginal, sondern in wesentlichen Punkten dramatisch unterscheiden, hat der Kunde die Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen. Kompetente Beratung zeichnet sich also dadurch aus, zunächst die Bedürfnisse des Kunden zu verstehen. Das nennt man auch Kundenorientierung!
Gerade im Fachhandel gibt es aber ein großes Missverständnis darüber was gute Beratung ist. Statt der gerade beschriebenen Kundenorientierung wird Beratung oft genug als Präsentationsrennen missverstanden: Zahlreiche Produkte und noch mehr Alternativen, Features und Eigenschaften, werden wie in einer Agitation heruntergebetet und zuletzt dem Kunden das besondere Preisangebot ans Herz gelegt. Wen kann es da wundern, dass die Kunden dem Fachhandel in Scharen davonlaufen und stattdessen die Online-Alternative wählen, die genau die gleichen Informationen bietet.
Die meisten Menschen haben ein angeborenes Gefühl für Fairness. Ob aber etwas als fair oder unfair empfunden wird, ist relativ. Die Beratungsleistung in einem Fachgeschäft wird zum Beispiel mit dem Informationsangebot in einem Online-Shop verglichen. So deuten die Ergebnisse einer Studie unter Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie darauf hin, dass bei unfairen Angeboten eher emotionale Zentren, also das Unterbewusstsein die Entscheidung des Kunden diktieren. Mit der Konsequenz, dass die Kunden das Angebot ablehnen und nach einer schlechten Beratung ggf. online kaufen.
Der Beratungs-Klau stellt somit genauso eine Ausnahme da, wie der tatsächliche Diebstahl in einem Geschäft. Im Gegenteil: Die Forschung zeigt, dass es vielen Fachgeschäften an der Kompetenz fehlt, kundenorientiert zu beraten. Daher meine Empfehlung an den Braunschweiger Fachhändler: Wenn Sie erfolgreich werden wollen, lernen Sie zunächst den Kunden kompetent zu beraten. Er wird es Ihnen durch einen höheren Kassen-Bon und durch höhere Abschlussquoten (in der Fachsprache Konversions-Rate) honorieren.