Unser Alltag ist in der Regel durchdekliniert. Morgens um 5:30 Uhr klingelt der Wecker, Pausenbrote und Frühstück für die Kinder fertigmachen, sich selbst restaurieren, hoffen, dass man an alles gedacht hat, zum Bus laufen … viele von uns sind den ganzen Tag unterwegs - nur in Hektik, von Termin zu Termin, Verpflichtung zu Verpflichtung, oft gepaart mit Angst, Sorge öder einem schlechten Gewissen. Selbst Wellness wird zu Stress. Hoffentlich regnet es nicht? Reicht es noch für die ganze Runde, oder sollte ich lieber abkürzen? ...
Max Giesinger hat dies in seinem wunderbaren Lied, „Wenn Sie tanzt“ für die alleinerziehende Mutter wunderbar beschrieben. Und dann müssen wir noch die Lebensmittelversorgung sicherstellen oder werden aus anderen Gründen in den Handel, zum Dienstleister, z.B. Arzt oder Physio getrieben. Wir müssen da hin, würden aber gern darauf verzichten, wenn wir eben nicht müssten. Ich verzichte jedenfalls freiwillig auf meine Besuche beim Lungenfacharzt wegen meiner Allergie, meine Besuche beim Physio wegen meines Gestells und den Einkauf im Lebensmittelsupermarkt, um die notwendige Grundversorgung sicherzustellen.
Dieses "muß" versuchen Online-Shops, Online-Dienste und Liefer-Dienste dem Kunden abzunehmen. Angesichts von Digitalisierung und den spektakulären Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft können der klassische Handel oder der klassische Dienstleiter mittelfristig nur überleben, wenn diese nicht mehr klassisch arbeiten. Die Unternehmen müssen sich auf ihren ureigentlichen Zweck zurückbesinnen: Der Zweck von Unternehmen ist es, dem Kunden zu dienen. Eine Möglichkeit besteht darin, dem Kunden in der oben beschriebenen Welt einen Zufluchtsort, eine Oase zu sein. Dem Kunden einige Minuten nur für sich zu schenken und dabei noch praktische, bewusst nachvollziehbare Lösungen als Beipack zu erhalten.
Für Augenoptik an der Alexanderstraße ist diese Zukunft schon Gegenwart. Vor einigen Monaten löste sich an meiner Brille ein Nasenhalter (das ist jetzt mein Fachbegriff). Mitten in der Vorlesung. Der restliche Tag war fast minutiös durchgeplant. Am Ende stand eine Bahnreise zu einem Kundentermin. Warum müssen solche - zugegebenermaßen kleine - Unglücke immer dann passieren, wenn man diese am wenigsten gebrauchen kann. Gezwungenermaßen fuhr ich zu meinem Optiker. Kaum angekommen, winkte mir Gerrit, der GF durch die große Scheibe zu. Jens öffnet mir die Tür und begrüßte mich: „Schön dich wiederzusehen“. Er nahm ich auf, und mir den Mantel der Hektik und des Stresses ab. Während Jens die Brille reparierte, säuberte, neu justierte, erzählte er von seinem anstehenden LA-Urlaub, den er auf Urlaubspiraten geschossen hatte. Nach 10 Minuten saß ich wieder im Auto und sah ein lächelndes und zufriedenes Gesicht im Innenspiegel. Die Wartezeit hatte ich gar nicht bemerkt. Es war eine kleine Abwechslung vom Tagesstress. Meine Brille war wieder heile, es hatte ich mich keine Zeit gekostet. Jens hat mir einige Minuten Entspannung geschenkt. Zudem habe ich jetzt einen neuen Newsletter: den der Urlaubspiraten.
So können Handel und Dienstleistung der Zukunft funktionieren. Unternehmen, welche ausschließlich darauf ausgerichtet sind, dem Kunden zu dienen, sind kundenorientiert.